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Wie es sich anfühlt – barrierefrei surfen im World Wide Web

Können gehörlose Menschen ein Musikvideo genießen? Surfen Menschen mit Sehbehinderung im Internet? Wie steuern Menschen, die keine Maus halten können, durch eine Website? Und wie muss ein (Web-)Text geschrieben sein, damit möglichst viele Menschen ihn verstehen? Tatsächlich nutzen Menschen mit Behinderung das Internet und digitale Angebote überdurchschnittlich viel. Und sie nutzen das Internet weitgehend selbstständig. Voraussetzung hierfür sind barrierefrei gestaltete Websites. Erleben Sie hier, wie barrierefreie Online-Angebote funktionieren!

Gehörlos ein Musikvideo genießen

Musik als Augenschmaus: so funktioniert‘s

Auf Konzerten spüren gehörlose Menschen die Schwingungen der Musik und die Wucht der Bässe. Aber wie können sie Musik erleben, wenn sie in einem Video läuft? Wie erfahren sie den Charakter eines Songs: sanft oder aggressiv, ernst, witzig oder ironisch? Gebärdensprachdolmetschende übersetzen die Songtexte mit vollem Körpereinsatz und vermitteln so auch Stimmungen und Zwischentöne. Manchmal sieht man sie bei Live-Auftritten am Rand der Bühne. Oder sie dolmetschen nachträglich die Konzertvideos.

Erleben Sie es selbst!

Einfach den Ton abschalten und das Musikvideo nur mit den Augen erleben. Wie fühlt es sich an? Bekommen Sie die Stimmung des Songs mit?

Zum Video "Weit Weg" in Gebärdensprache

Auf barrierefreien Websites werden die wichtigsten Inhalte in einem Video in Gebärdensprache zusammengefasst. Warum?

Menschen, die gehörlos zur Welt kommen oder ihr Gehör sehr früh verlieren, lernen als erstes die Gebärdensprache. Sie ist ihre Muttersprache. Die Gebärdensprache ist eine eigenständige Sprache mit eigenen Regeln und eigener Grammatik – kein „Abbild“ der Lautsprache! Wenn gehörlose Kinder lesen und schreiben lernen, haben sie dabei nicht die Lautsprache im Ohr. Sondern sie müssen beim Lesen jeden Satz von der Schriftsprache in die Gebärdensprache übersetzen (und umgekehrt beim Schreiben). Das ist schwierig und kann eine Verständnis-Barriere sein.

Deshalb ist es sinnvoll, dass Sie auf Ihrer Website die wichtigsten Infos als Kurzfassung in Gebärdensprache anbieten.

Ob Songtexte oder wichtige Infos: Sie möchten – z. B. auf Ihrer Website – ein Video mit Übersetzung in Gebärdensprache veröffentlichen? Spezialisierte Dienstleister kümmern sich um das Gesamtpaket: Sie nehmen die Übersetzung in Gebärdensprache auf und betten sie in Ihr Video ein. Anbieter finden Sie z. B. auf der Website der Beratungsstelle Barrierefreiheit (einfach in der Filtersuche auf „Video“ klicken und dann „Gebärdensprache Version“ wählen):

Digitale Barrierefreiheit: zur Liste der Dienstleister

Sie möchten mehr über barrierefreie Websites erfahren? Eine gute Idee, denn für viele Anbieter ist digitale Barrierefreiheit schon Pflicht! Lesen Sie hier, was barrierefreies Webdesign ist und worauf es bei der Umsetzung ankommt.

Mit Sehbehinderung surfen

Auch blinde und sehbehinderte Menschen können im Internet surfen und am Computer arbeiten. Technische Hilfen machen es möglich. Wenn Sie auf die Felder unten klicken, sehen Sie diese Seite mit starkem Kontrast – oder Sie können sich wie blinde Menschen den Text vorlesen lassen. Das Feld „Sehfeldeinschränkung“ macht eine häufige Sehbehinderung erlebbar.

Ein großes weißes „T“ steht vor schwarzem Hintergrund.

Starke Kontraste

Wer feine Farbunterschiede nicht wahrnehmen kann, tut sich im Alltag oft schwer. Ein heller Lichtschalter auf weißem Putz? Unauffindbar. Graue Treppenstufen ohne Randmarkierung? Eine Stolperfalle. Ton in Ton gestaltete Websites: edel, aber unleserlich. Was ist wichtig für sehbehinderte Menschen? Starke Kontraste. Wussten Sie schon, dass z. B. weiße Schrift auf schwarzem Hintergrund für viele Menschen besser lesbar ist als die übliche schwarze auf weißem Grund? Probieren Sie es aus:

Simulation des „Tunnelblicks“: Das Bild ist bis auf einen kleinen Ausschnitt in der Mitte schwarz.

Wichtiges im Zentrum

Viele sehbehinderte Menschen haben ein eingeschränktes Sehfeld. Ihre Sicht ist auf einen „Tunnel“ in der Mitte verengt. Oder sie sehen umgekehrt nur im Außenbereich; in der Mitte ist ein „schwarzes Loch“. Was hilft Menschen mit „Tunnelblick“? Starke Kontraste, eine große Schrift und deutliche Abgrenzungen.

Nahaufnahme: Gesicht einer jungen Frau mit geschlossenen Augen.

Vorlesen lassen

Als blinder Mensch im Internet surfen? Klappt super, wenn die Web-Angebote barrierefrei gestaltet sind. Dann können sich blinde Menschen nämlich alle Online-Texte umwandeln lassen: in Punktschrift, die sie auf ihrer Braille-Zeile ertasten können. Oder in gesprochene Sprache. Lassen Sie sich den folgenden Text über den Screen-Reader vorlesen:

Es gibt viele Formen von Sehbehinderung. Wer hochgradig kurzsichtig ist, kann Dinge nur aus nächster Nähe erkennen. Bei der Makula-Degeneration nimmt die Sehkraft im Zentrum des Sichtfelds ab. Betroffene Menschen können bei einem schweren Verlauf oft nicht mehr lesen; doch weil sie das „Drumherum“ erkennen, können sie sich oft weiterhin ohne fremde Hilfe in ihrer Umgebung zurechtfinden und bewegen. Beim Grünen Star nimmt die Sehkraft von außen nach innen ab. Schreitet die Erkrankung fort, kommt es zum „Tunnelblick“. Beim Grauen Star legt sich ein grauer Nebel über die Sicht.

Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband informiert einfach und sehr anschaulich über inklusives Kommunikationsdesign – oder einfach gesagt: gut leserliche digitale und analoge Angebote. Die Website leserlich.info bietet auch zwei Online-Rechner, mit denen Sie barrierefreie Schriftgrößen und Farbkombinationen berechnen und überprüfen können.

Zur Website leserlich.info des DBSV

Hans Maier ist IT-Spezialist und blind. Hier schildert er, welche Freiheit ihm barrierefreies Web-Design eröffnet – und wie er Sehbehinderung für sehende Menschen erlebbar macht.

Zum Beitrag „Hans Maier, blinder IT-Spezialist“

Online unterwegs – ohne Maus

Mit dem Notebook arbeiten – ohne Maus oder Touch-Pad? Im Internet surfen – ohne Scrollen, Tippen oder Wischen? Das ist auf Websites und in Online-Dokumenten möglich, wenn sie barrierefrei gestaltet sind. Dann können auch blinde Nutzerinnen und Nutzer oder Menschen mit eingeschränkter Feinmotorik (= Beweglichkeit der Finger und Hände) durchs Netz surfen und am Computer arbeiten: Sie steuern auf dem Notebook alle Inhalte über die Tab- und Pfeiltasten an. Und das Smartphone bedienen sie über die Sprachsteuerung. Mit den Pfeiltasten ans Ziel? Probieren Sie es hier aus:

Wie navigieren Menschen mit motorischen Einschränkungen? An dieser Stelle macht ein Spiel das Navigieren mit der Tastatur für Menschen erlebbar, die sonst die Maus verwenden. Bitte entschuldigen Sie, dass der Test für blinde Menschen nicht spielbar ist. Wir gehen aber davon aus, dass für Sie das Navigieren mit Tasten keine spannenden Neuentdeckungen bietet!

(Web-)Texte, die alle verstehen

Mal ehrlich: Verstehen Sie alles, was Sie im Internet lesen? Was in den TV-Nachrichten gesagt wird? Was in der Bedienungsanleitung steht? Warum muss man sich eigentlich beim Lesen oder Zuhören immer so anstrengen? Kann man Wichtiges und Interessantes nicht so ausdrücken, dass alle es verstehen? Doch, das kann man! Alle können sich bemühen, einfacher zu schreiben. Und dann gibt es noch Profis, die Texte in Leichter Sprache verfassen. Lesen Sie hier einen Text in schwieriger Sprache – und die Übersetzung in Leichte Sprache:

Zeichnung: Ein Mensch guckt in ein Buch. Er zuckt ratlos die Schultern.

Geht das nicht leichter?

Jeder hat das Privileg, Informationen zu rezipieren. Häufig wirken Texte jedoch in hohem Maße diffizil, da es Usus ist, sie mit fremdsprachlichen Termini zu realisieren.

Das tangiert nicht ausschließlich Menschen, die kognitiv limitiert sind, sondern auch Menschen in konventionellem Sinne oder Senioren mit Demenz.

Um linguale Differenzen zu minimieren, ist es hilfreich, folgende Regeln zu beachten:

  • Es sollte Usus sein, konzentrierte Sätze zu bilden.
  • Jeder Satz impliziert lediglich eine substanzielle Aussage.
  • Abstrakte Termini werden durch anschauliche Exempel statuiert.
  • Vorkommende Fremd- oder Fachtermini werden visuell oder lingual definiert.
  • Die Substitution durch infantile Texte sollte vermieden werden.
  • Visuelle oder filmische Präsenzen optimieren die textliche Realisation.

Jeder Mensch hat das Recht auf Informationen.
Aber oft sind Informationen sehr schwierig geschrieben.
Es werden oft viele Fremd-Wörter benutzt.
Deshalb verstehen viele Menschen die Informationen nicht.
Das gilt besonders für Menschen mit Lern-Schwierigkeiten.
Aber auch für Menschen, die noch nicht gut Deutsch sprechen.
Und für Senioren mit der Krankheit Demenz.
Diese Regeln helfen dabei,
Texte und Informationen einfacher zu schreiben:

  • Schreiben Sie nur kurze Sätze.
  • Jeder Satz soll nur eine einzige Aussage haben.
    Ein Beispiel für einen Satz mit mehreren Aussagen:
    > Geh bitte einkaufen und bring den Tee mit der roten Schachtel mit.
    Besser ist:
    > Geh bitte einkaufen.
    > Bring bitte Tee mit.
    > Den Tee mit der roten Schachtel.
  • Erklären Sie Fremd-Wörter im Text.
  • Auch Bilder können beim Erklären helfen.
    Im Internet helfen auch kurze Filme.
  • Vermeiden Sie Kinder-Sprache.
    Die Leser sind erwachsen.

Infos & Beratung für Website-Betreiber

Von der kostenlosen Erstberatung bis zum Anbieterverzeichnis: Die Beratungsstelle Barrierefreiheit informiert auch über alle Fragen rund um barrierefreie Online-Angebote, von der Website bis zur App. An 18 Standorten bayernweit und natürlich auch telefonisch.

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